Im Ersten Weltkrieg wurde Propaganda erstmals in größerem Umfang als Mittel der Kriegsführung eingesetzt. Ziel aller beteiligten Nationen war es, die eigene Bevölkerung zu mobilisieren und zum Durchhalten bis zum siegreichen Ende zu motivieren. Neben Flugblättern, Postkarten, Fotografien und z.T. auch Filmen spielten Plakate eine herausragende Rolle.
Während die Entente-Mächte sich darauf konzentrierten, das Feindbild der Deutschen – insbesondere in Anspielung auf den Einmarsch in das neutrale Belgien im August 1914 – als „Barbaren“ und brutale Ungeheuer zu zeichnen, betonte die deutsche Propaganda die eigene Standhaftigkeit. In diesem Plakat verbindet sich beides: Das britische Empire, oft als „perfides Albion“ tituliert, erscheint als eine die Welt umspannende Spinne, die über Calais, dem britischen Haupthafen in Frankreich, Richtung Mittel- und Südosteuropa ausgreift. Der deutsche Reichsadler thront jedoch wehrhaft über dem Expansionsgeschehen und bietet dem britischen Vormarsch mit Hilfe der U-Boot-Flotte Einhalt – im Januar 1915 hatte das Deutsche Reich den uneingeschränkten U-Boot-Krieg erklärt. Dass der stolze Adler im Kampf gegen die listige Spinne zweifellos siegen wird, deutet der sich klärende Himmel an, der die Sturmwolken im Westen vertreibt.
Hier spiegelt sich zugleich die deutsche Rechtfertigung des Krieges wider: Defensiv und siegreich behauptet sich das Reich gegen die Entente-Mächte, hinter denen nur britisches Weltmachtstreben zu stehen scheint.
LAV NRW W, V 115/Nachlass Otto Wolle, Nr. 12